Endlich mal ein weiblicher Artikel vor dem Namen. Es ist nicht leicht, gendergerecht zu ernten, ihr verzeiht.
Auch bei dieser zarten Pflanze gibt es verschiedene deutsche Bezeichnungen, mir wurde sie von meiner Mutter als Hühnerdarm vorgestellt. Ich muss zugeben, es hört sich nicht gerade appetitlich an. Bitte werft eure Bedenken über Bord und beugt euch ehrfurchtsvoll dieser schwach und zerbrechlich wirkenden Schönheit zu. Die Vogelmiere wurzelt sehr flach, der Stängel ist nur einseitig behaart, die Kron- und Kelchblätter der kleinen Blüten nur etwa 2 mm lang. Die meisten von euch kennen sie sicher als sehr häufiges Garten- und Ackerwildkraut. Sie kann wunderbare dichte Teppiche bilden, da ist die Ernte natürlich leicht. Am besten lässt man die kleingeschnittenen Triebe der Vogelmiere nicht mitköcheln, sondern fügt sie zum Schluss der Suppe bei und lässt sie noch ein Weilchen mitziehen. Besonders lecker schmeckt sie roh, als Salatkrönung oder einfach gleich frisch in den Mund, wenn man beim Jäten ist. Das Abschneiden der Triebe beim Ernten verhindert, dass Erde mit in den Suppentopf wandert, so als kleiner Tipp am Rande. Als Dosis für die Gründonnerstagssuppe empfehle ich pro Mund ungefähr eine halbe Hand voll. Ihr Geschmack erinnert mich an frischen, knackigen Mais im Milchreifestadium, extrem lecker! So zart und schwach sie auch aussieht, sie besitzt eine enorme Lebenskraft, die sie auch gerne auf uns überträgt und als Geheimtipp für jugendliche Frische bis ins hohe Alter zählt. Sie blüht und fruchtet das ganze Jahr hindurch und bringt pro Saison fünf bis sechs Generationen hervor. Dabei erzeugt sie zwischen 10 000 bis 20 000 Samen. Gärtner*innen sollten sie schätzen lernen, falls sie das nicht schon tun, denn sie bedeckt den Boden und hilft damit humusbildenden Kleinlebewesen bei ihrer Arbeit. Gerade in diesen Zeiten der viralen Allgegenwärtigkeit freut mich besonders, dass der Genuss der weltweit verbreiteten Vogelmiere noch dazu das Immunsystem stärkt, was will man/frau mehr. Ihr Name Vogelmiere zeigt uns natürlich auch an, dass sich die gefiederte Welt an den Samen gerne und ausgiebig gütlich tut. Man erzählt sich, dass beim Haushuhn die Legeleistung gesteigert wird, wenn man sie damit verwöhnt. Und der Osterhase ist für jede Lieferung dankbar…. |