Wurzelwissen: Johannisbeeren, Schnitt- und Pflegekurs mit Doris Schramm 19.10.24
Ein Bericht von Karl-Heinz
Sehe ich Johannisbeerensträucher, dann erinnere ich mich immer an meinen Kollegen Friedrich, der nach über 20 Jahren in Indien wieder auf den Kontinent zurückgekehrt war und im Garten unserer Schule in stoischer Gelassenheit einen Johannisbeerstrauch nach dem anderen beschnitt, die Zweige häckselte und damit mulchte. Seine Gelassenheit interpretierte ich als Rest der Entschleunigung, die er aus Indien noch übrighatte. Seit letztem Samstag weiß ich es besser: Johannisbeeren kann man nicht anders als stoisch und gelassen pflegen. Von den mittlerweile 30 bis 40 bodenständigen Trieben jedes Busches sollen die besten 8 bis 10, maximal 12 stehen bleiben. Mehr kann der Strauch nicht ernähren. Bei Schwarzen Johannisbeeren tragen die einjährigen Triebe Früchte, bei den Roten die zweijährigen. Von denen müssen ca. vier stehen bleiben, sonst gibt es im nächsten Sommer keine Marmelade und keinen Kuchen. Doch der Busch braucht auch ältere Triebe, die nicht mehr fruchten, aber dafür als Hauptgeschäft mit der Photosynthese die ganze Pflanze versorgen. Triebe sollen maximal 5 Jahre alt sein. Spätestens dann müssen sie weg. Und geschnitten wird ganz unten am Boden, damit durch überirdisches Totholz nicht Feuchtigkeit und Infektionen eindringen. Was zu dicht aneinander steht, scheuert bei Wind und führt zu Verletzungen der Rinde, Seitentriebe werden daher z.T. auch entfernt. Um Krankheitserreger nicht zu verbreiten, sollten wir unsere Scheren vorm Schnitt desinfizieren, wenn wir vorher woanders damit geschnitten haben. Soweit die Schnittregeln.
Alle Johannisbeeren sind extrem flache Flachwurzler. Ausgrasen ist wichtig, weil das Gras ihnen sonst zu wenig Wasser und Nährstoffe übriglässt, aber grundsätzlich nicht mit Hacken oder Rechen, sondern vorsichtig von Hand. Und mit Mulchen schützen wir die feinen Wurzeln gegen Austrocknung. Zerhacken wir das feine Wurzelwerk oder trocknet es aus, verrieseln die Sträucher: hier und da wachsen dann vereinzelt Trauben mit 2 bis 3 Beeren, zu wenig für eine wirkliche Ernte (wie bei uns dieses Jahr).
Um sie also regelgerecht zu pflegen, betrachten wir jeden Busch, jeden Trieb, beginnen mit Bedacht rundum einzelne Triebe zu entfernen, pflegen dann die Wurzelscheibe. Das Schnittholz legen wir beiseite, Florian kann es mit dem Mulcher zerkleinern, dann streuen wir es unter die Sträucher. Ansonsten eignen sich Heu, Stroh, diverse Kräuter und auch Beinwell, der auf unseren Äckern überall wächst. Aber nicht zu dick, sonst fehlt unten der Sauerstoff und es bildet sich Schimmel.
Nur wer sich auf den Johannisbeerbusch einlässt und sich ausführlich mit ihm befasst, kann ihn auch artgemäß pflegen. Genauso wie beim Schnitt von Obstbäumen. Dafür brauchts die oben beschriebene stoische Gelassenheit – ein eiliges Zurechtschneiden vertragen Strauch und Mensch nicht.
Wir haben hinterm Zaun ca. 90 Schwarze und Rote Johannisbeeren. Dazu kommen noch die pflegeintensiven Zwergsträucher des Erdbeerbeets. Die gemeinschaftliche Pflege dieser Sträucher könnte eine gute Gelassenheits-Übung werden. Nach zwei Samstag-Einsätzen sind jetzt ca. ein Dutzend Sträucher geschnitten, einige auch schon gejätet und gemulcht.